Musik liegt in der Luft
Ruhe. Dann ein kraftvoller Anschlag. Luft beginnt zu strömen, drängt sich durch zarte Röhren, gleitet an feinen Metallwänden entlang. Unsichtbar und lautlos. Pfeife um Pfeife; Register um Register. Und schließlich - im Moment des Entweichens – erklingt sie kraftvoll und satt, in himmlischer Harmonie. Hier, im osterzgebirgischen Frauenstein hat man der weltberühmten Silbermann-Orgel ein Denkmal gesetzt: im Silbermann-Museum und der dazugehörigen mittelalterlichen Burgruine Frauenstein.
Wer war Gottfried Silbermann?
Gottfried Silbermann. Ein Name, der zur Marke wurde. Ein Synonym für technische und musikalische Perfektion im Orgelbau. Das Silbermann-Museum widmet sich dem Leben und Werk dieses bekanntesten sächsischen Orgelbauers. Geht der Frage nach: Was war er denn nun eigentlich? Handwerker? Künstler? Detailverliebter Instrumentenbauer? Klangexperte oder einfach nur ein kluger Geschäftsmann? Die Person Gottfried Silbermann lässt sich in der Ausstellung über seine familiäre Herkunft sowie durch seine Beziehungen zu anderen Künstlern erschließen. Besonders interessant sind hierbei Zeitzeugendokumente über den „großen Meister“. Cornelia Ferguson, Leiterin des Silbermann Museums, empfiehlt: „Besucher sollten sich auf jeden Fall den Bericht Johann Andreas Silbermanns über das Treffen mit seinem Onkel Gottfried anhören. Darin erfährt man einiges über Silbermanns Charakter, nämlich, dass er zwar genial, aber keinesfalls bescheiden war.“
Silbermann konnte noch mehr als Orgel
Im großen Saal des Museums befindet sich das Herzstück der Ausstellung: die Original-Kopie einer Silbermannorgel. Ein absolutes Schmuckstück mit floralen Ornamenten in barockem Glanz. Das Originalinstrument baute Gottfried Silbermann 1732/33. Nach einer wechselvollen Geschichte gelangte es über Stationen in Wallroda und Dresden schließlich nach Bremen, wo es sich heute in der Krypta des Domes befindet. Was viele nicht wissen: Silbermanns meisterliches Können erschöpfte sich nicht im Orgelbau. So verließen auch Cembali, Clavichorden und Hammerflügel seine Instrumentenbauwerkstatt.
Ein Museum zum Hören
Mit Druck, Schlag und Technik: Es sind kleine und große technische Wunderwerke, die in den unterschiedlichen Instrumenten die Töne hervorbringen. Und weil das Begreifen am besten über die Hände geht, können die Museumsbesucher an Modellen und Instrumenten-Nachbauten die mechanische Klangerzeugung selbst ausprobieren. An verschiedenen Hörstationen beginnt das große Lauschen. „Den Besucher erwartet ein Querschnitt von Barockmusik auf verschiedenartigen Silbermannorgeln sowie anderen Musikinstrumenten der Epoche.“ Erklärt Cornelia Ferguson. Die einzelnen Hörbeispiele geben einen unmittelbaren Eindruck über Instrumententypen, Intonation, Stimmung und Klangfarbe aus der silbermannschen Zeit. Zudem finden im Silbermann-Museum mehrmals im Jahr musikalische Live-Events statt. Sehr ans Herz legt Museumsleiterin Cornelia Ferguson den Besuchern beispielsweise das Konzert für Orgel mit Irene Roth-Halter (Schweiz) am 6. Oktober 2024 und am 10. November 2024 das Konzert für Orgel und Trompete mit Joachim Schäfer (Trompete) und Matthias Eisenberg (Orgel). Noch ein wissenswertes Detail: Das Silbermann-Museum befindet sich direkt am Gottfried Silbermann-Pfad, der Kleinbobritzsch,
Silbermanns Geburtsort, mit seiner Heimatstadt Frauenstein und dem Stadtteil Nassau verbindet – dort, wo die letzte von Silbermann komplett geplante, gefertigte und fertiggestellte Orgel steht.
Gespenstische Stadtgeschichte: Über die Burgruine Frauenstein
Untrennbar mit dem Silbermann-Museum verbunden ist die Burgruine Frauenstein. Majestätisch thronen die Fragmente der mittelalterlichen Burgmauern in 680 Meter Höhe über der Landschaft. Durch die alten Torbögen rauscht flüsternd die Vergangenheit. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Burg im Jahre 1218; erbaut wurde sie um 1200 als Grenzfestung zwischen der Mark Meißen und Böhmen. Zu jener Zeit diente sie dem Schutz der Handelsstraßen und des Silberbergbaus. 1728 vernichtete ein Brand den Großteil der Stadt Frauenstein und zog auch die Burg in Mitleidenschaft. Erhalten geblieben sind bis heute der Wohnturm „Dicker Merten“ aus dem 13. Jahrhundert sowie die Burgkapelle, Keller, Küche, ein Gefängnis und zwei Stuben. Wer glaubt, die Burg sei unbewohnt, hat sich getäuscht. Manchmal leise, manchmal schwatzend, zieht Vrouwin seine Kreise, geht durch Wände, spukt im Gewölbe. Der Burggeist hat die Zeit überdauert, genauso wie der Wind, der um die Mauerzinnen pfeift und die zeitlos berührenden Orgeltöne.
Klang hat viele Facetten – einige besonders schöne gibt es in Frauenstein im Silbermann-Museum und der dazugehörigen Burgruine zu erleben.
Fotos: Silbermann-Museum Frauenstein