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Deutsches Damast- und Frottiermuseum Großschönau

Deutsches Damast- und Frottiermuseum Großschönau

Von tanzenden Spulen und webenden Riesen

Klappernde Webstühle, tanzende Spulen, in kleinen Webstuben schwatzende Weberinnen und Weber, geschickte Hände und wache Augen. Mit dem technischen Fortschritt kamen die großen Hallen. Ratternde mechanische Webstühle vereinten hunderte Fäden zu einem gewebten Stoff. Hier in Großschönau, dem kleinen ostsächsischen Städtchen an der tschechischen Grenze, wurde einst ein ganz besonderes Kapitel sächsischer Textilgeschichte geschrieben. Tief in die Vergangenheit reichen die „Fäden“ der städtischen Textilindustrie, und im Deutschen Damast- und Frottiermuseum (DDFM) Großschönau laufen sie zusammen, ergeben ein umfassendes Bild der Entwicklung des Weberhandwerkes, der technischen Verfahren und stofflichen Produkte. 

Evelyn Schweynoch, Dresdner Kunsthistorikerin, leitet das Museum seit seiner Wiedereröffnung im Jahr 2022 und erklärt: „Großschönau gilt als Entstehungsort deutscher Damast- und Frottierware. Unsere Ausstellung verbindet Textilgeschichte, -technik, -gestaltung und Regionalgeschichte.“ Vom aufwändig hergestellten und kostbaren Damast bis zum Frottiergewebe – Stoffe aus Großschönau waren und sind maßgebend, bekannt und beliebt weit über die beschaulichen Stadtgrenzen hinaus. Großschönauer Weber waren es schließlich, die 1666 erstmals in Deutschland Damast webten, und ab 1856 waren es die ersten in Deutschland, die hochwertige Frottierwaren herstellen konnten.

Damast! Oder: Der Stoff, aus dem die Träume sind

Was zahlreiche europäische Fürstenhäuser im 17. Jahrhundert bereits wussten: Stoff ist nicht gleich Stoff. Und so manch ein Herrscher legte Wert darauf, dass ein feines Damasttischtuch aus den Großschönauer Webereien seine üppig gedeckte Tafel zierte. Denn Repräsentation geht bei der Tischdecke los. 

Die Schatzkammer der Damaste bietet dem Museumsbesucher heute beeindruckende Exponate dieses ganz besonderen Stoffes, der seit 1666 und auch heute noch in Großschönau hergestellt wird. Ob Geschirr- oder Tischtuch, besonderes Gedenktuch oder Altartuch mit christlichem Motiv – Damast ist schlicht ein Meisterwerk textiler Webkunst. „Das ursprüngliche Herstellungsverfahren war sehr komplex“, erläutert Evelyn Schweynoch. „Es verlangte von den Weberinnen und Webern höchste Aufmerksamkeit und verzieh kaum Fehler.“ Die für Damast charakteristischen figürlichen Muster entstehen durch eine spezielle Webtechnik, bei der sich Kett- und Schusstechnik abwechseln. Zu technisch? Kein Problem! Damast kann man auf viele Arten verstehen – taktil, über seine besondere Haptik und die Dichte des Stoffes oder unmittelbar ästhetisch durch die glanzerzeugende Gewebestruktur. 

Musterzeichner und Textilkunst der Gegenwart

Eines der allesamt wunderschön hergerichteten Ausstellungszimmer in Großschönau widmet sich den Musterzeichnern. Ein solcher war Karl Gotthelf Krumbholz (1819-1907), der zudem ein bedeutender Förderer des Museums war. 

Im Schenau-Saal wird der wohl berühmteste Großschönauer vorgestellt: „Schenau“, wie ihn alle nur nannten, hieß ursprünglich Johann Eleazar Zeißig (1737-1806). Zahlreiche Druckgrafiken, Zeichnungen und Gemälde zählen zu seinen Werken und schmücken den Ausstellungssaal. Zeißig war später auch Direktor der Dresdner Kunstakademie, und auch heute noch befruchten sich Museumsarbeit und die Zusammenarbeit mit Hochschulen für angewandte Kunst, Textilkunst und Textildesign regelmäßig und tragen mit zahlreichen Sonderausstellungen Früchte“, berichtet die Museumsleiterin, „zuletzt die Sonderausstellung Verwobene Träume in Kooperation mit der Fakultät für angewandte Kunst in Schneeberg und aktuell die Ausstellung metamorph der Künstlerin Ines Beyer.“ Auf diese Weise gelinge immer wieder der Brückenschlag vom traditionellen Textilhandwerk in die Gegenwart. 

Schauwerkstatt und webende Riesen

Insgesamt vier beeindruckende Webstühle aus unterschiedlichen Produktionsepochen verdeutlichen den Besuchern den technischen Fortschritt, den das Weberhandwerk im Laufe der Zeit erfuhr. 1856 kam die bis heute ansässige Frottierweberei in den Ort, und das Weben entwickelte sich fortan zum industriellen Fertigungsprozess. 

Textilien aus Großschönau prägten seitdem Lebenswelten, sind über die Zeiten hinweg verbindende Alltagsbegleiter mit handwerklicher Tradition. Ein besonders eindrückliches Erlebnis bietet an dieser Stelle die Schauwerkstatt des DDFM. Hier kann den ehrenamtlichen Mitarbeitern bei der Herstellung von Webprodukten für den Museumsshop zugeschaut werden. Und wer noch mehr erfahren möchte, dem sei der Textilpfad Großschönau ans Herz gelegt. 2014 errichtet, verbindet er die verschiedenen Orte der lokalen Textilindustrie, die allesamt geprägt sind durch vielen kleinen und großen Umgebindehäuser - einst Weberhäuser – und dann wiederum ungewöhnlich viele Villen, die oftmals in Fabrikantenbesitz waren.

Fotos: Michael Rimpler / Bertram Kober