Ostern ist das wichtigste und größte Fest im christlichen Kalender. Da ist es nicht verwunderlich, dass Christen das Osterfest mit zahlreichen, oftmals schon sehr alten Bräuchen feiern. Einige dieser Traditionen haben sich auf die ein oder andere Weise in der ganzen christlichen Welt verbreitet: Kaum etwas steht jedoch so sehr für die Osterzeit, wie das Ei – bunt bemalt, zum Osterfrühstück, als Dekoration, aus Schokolade gegossen oder aus Pappe, gefüllt mit kleinen Leckereien, ist es rund um das Osterfest kaum wegzudenken.
Würde man auf die Suche nach dem schönsten Osterei gehen, dann führte kein Weg an den Sorben vorbei. In der sorbischen Ostertradition spielt das Verzieren von Eiern eine besonders große Rolle. Daher gibt es in einigen Regionen der Lausitz viele spezielle Bräuche rund ums Ei, die so sonst nirgendwo zu finden sind.
Das berühmte sorbische Osterei
Sorbische Techniken des Eierverzierens
Neben der Gestaltung der Ostereier sind auch die sorbischen Techniken des Eierverzierens eine Besonderheit. Die älteste und am weitesten verbreitete der vier überlieferten Techniken ist beispielsweise die Wachsbatiktechnik. Hierbei wird flüssiges Wachs mit einer beschnittenen Gänsefeder oder einem Stecknadelkopf in Form der Ornamente auf das Ei aufgetragen, bevor es in Farbe getaucht wird. Anschließend wird das Wachs erhitzt und mit einem Tuch entfernt. Einen dreidimensionalen Effekt verleiht die Technik des Wachsbossierens: Hier werden Tupfer aus farbigem Wachs auf das Ei aufgetragen. Die Kratz- und Ätztechniken kommen ohne Wachs aus. Hierbei wird das Ei zunächst gefärbt und anschließend mit einem spitzen Gegenstand oder einer Stahlfeder und Ätzflüssigkeit bearbeitet. Diese Techniken ermöglichen besonders filigrane Muster und Beschriftungen.
Weitere Bräuche rund ums Ei
Ostern hoch zu Ross
Überall werden sowohl Reiter und Pferde festlich herausgeputzt, die Tiere zusätzlich reichlich mit Blumen geschmückt. Nachdem die Reiter beim Ausreiten vom Hof mit Weihwasser und dem Spruch „Gottes Segen und eine gute Heimkehr“ („Bože žohnowanje a dobry nawrót“) verabschiedet werden, sammeln sie sich an der Kirche. Dort werden sie vom Pfarrer mit Fahnen, Kruzifix und einer Statue des auferstandenen Jesu ausgestattet und gesegnet. Anschließend reiten sie drei Runden um den Friedhof, bevor sie sich singend und betend auf den Weg in die Nachbargemeinde machen, wo sie bewirtet werden. Am späten Nachmittag kehren die Osterreiter zum gemeinsamen Gebet und Gesang in ihre Gemeinde zurück. Die Osterreiter der verschiedenen Gemeinden müssen darauf achten, sich während des Ritts nicht zu begegnen. Erst am Dienstag nach Ostern treffen sich die Reiter aller Gemeinden zum gemeinsamen Dankgottesdienst.
Wiederbelebte Osterbräuche
Manche Bräuche halten dem Wandel der Zeit nicht stand und geraten über die Jahre und Jahrhunderte in Vergessenheit. Es braucht aktive Gemeinden, um Traditionen zu bewahren. Manchmal schaffen solche aktiven Gruppen es aber auch, längst vergessene Bräuche wiederzubeleben. Bei den Sorben ist das in den letzten Jahrzehnten häufiger gelungen.
In Halbendorf sowie einigen Dörfern um Hoyerswerda und in der Niederlausitz wird seit etwa 15 Jahren wieder das Osterwasser geschöpft. Bei diesem für viele Jahre eingeschlafenen Brauch wandern unverheiratete Frauen am Morgen des Ostersonntags schweigend zu einer Quelle oder einem fließenden Gewässer, dessen Wasser Richtung Sonnenaufgang fließt und tragen geschöpftes Wasser nach Hause. Wer auf dem Hin- und Rückweg tatsächlich kein Wort sprach, dem sollte das Wasser Schönheit und Kraft verleihen und sogar Krankheiten besiegen. Doch wer sich von frechen Jungen, die die stille Wanderung zu stören versuchen, zum Sprechen verleiten lässt, muss auf die Kräfte des Wassers verzichten.
Credits: Philipp Herfort Photography