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Jörg Färber

Jörg Färber

Leipzig

Tatütata, der Küchenchef ist da!

Zugegeben, die in der Überschrift gewagte Reminiszenz an ein beliebtes Kinderlied funktioniert nur bedingt gut. Schafft aber dennoch den Einstig in ein heiteres Gespräch, das wir mit Jörg Färber aus Leipzig führen durften. Denn Jörg Färber rettet Leben. Und er kann kochen. Beides ausgezeichnet gut und hauptberuflich. Und mit einer ansteckenden Munterkeit und schier unbändigen Motivation die ihres Gleichen sucht.

Lieber Jörg, wenn man Deinen Namen in eine der geläufigen Suchmaschinen eingibt und die ausgegebenen Bildeinträge durchstöbert findet man zweierlei Dinge. Dich in einer Veste de Cuisine (dt. Kochjacke oder Küchenhabit) in der Küche oder in Feuerwehruniform in der Wache. Wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Mischung zweier Professionen die sich beide, wenn man es so frech ausdrücken will, um heiße (Brand-)Herde drehen?

Das stimmt, heiß geht bei beiden Jobs zu und egal wie gut man vorbereitet ist, man weiß nie was einen erwartet. Nach meiner dreijährigen Kochausbildung (1991 – 1994) im Hotel Westin (damals Hotel Intercontinental) bin ich mit 19 Jahren ohne ein Wort italienisch zu sprechen für ein Jahr in die Toskana zum kochen gegangen. Es folgten knapp 10 Jahre „Wanderschaft“ in der Sterne- und Spitzengastronomie im In- und Ausland. Italien, Kanada, Hawaii, Mallorca, Hamburg, Frankfurt am Main und Leipzig. 2004 spürte ich erstes Heimweh und mir fehlte die Motivation. Der Mut mich selbstständig zu machen und auch finanzielle Möglichkeiten fehlten mir. Nach langem Überlegen und Gesprächen mit einem Freund entschied ich mich als ehemaliger Leistungssportler mich bei der Berufsfeuerwehr Leipzig zu bewerben. Beim ersten Versuch wurde ich nicht berücksichtigt, aber bei der zweiten Bewerbung dann hat es geklappt. Heute weiß ich, dass war die beste Entscheidung meines Lebens. Die Feuerwehr ist meine Berufung und das Kochen die Leidenschaft.

Ganz nebenbei bist Du auch noch TV-Koch und Autor. Hast Kochbücher für Feuerwehrleute und Sportprofis, eines zur Hausmannskost und jüngst das Leipzig-Kochbuch herausgebracht. Wann findest Du die Zeit dafür und was ist Deine Motivation Dein praktisches und theoretisches Wissen niederzuschreiben und weiterzugeben?

Ja das ist korrekt, ich habe in den vergangenen Jahren mittlerweile drei Bücher geschrieben. Das erste „Grüne Hausmannskost“ ist während der Corona-Pandemie entstanden, später habe ich dann das Buch „Fit wie die Feuerwehr“ geschrieben, welches sich um gesunde Ernährung im Schichtdienst handelt. Ein sehr wichtiges Thema. Mittlerweile arbeiten 8 Millionen Menschen tags oder nachts in verschiedenen Berufszweigen. Und mein neuestes Werk ist das „Leipzig Kochbuch“. Hier wollte ich herausfinden ob der Leipziger noch mehr kann als sein „Allerlei“.

Durch mein 24-Stunden-Dienst habe ich meist 48 Stunden frei. So ist das Jahr komplett durchgeplant.

Ich möchte mit den Dingen die ich mache, die Menschen motivieren. Jeder hat sein Leben doch selber in der Hand. Ich habe die 10. Klasse 1991 beendet. War nicht wirklich ein guter Schüler. Mittlerweile bin ich Berufsfeuerwehrmann, Notfallsanitäter, Koch, Autor, ich spreche Englisch und Italienisch und bin glücklich und gesund. Und das habe ich mir alles selbst erarbeitet.

Und jetzt in meinem Job bei der Feuerwehr bekomme ich täglich die volle Wucht des Lebens zu spüren. Ich möchte dem Menschen Mut machen. Sie sollen ihr Glück in die Hand nehmen und los geht's. Gerade die jungen Menschen brauchen hier Unterstützung in vielen Lebenslagen.

Was machst Du wenn Du nicht gerade Brände löscht und Leben rettest, Chateaubriand und Jakobsmuscheln zubereitest oder für Deine Bücher recherchierst und schreibst? Entspannst Du auch mal oder Erkundest Du Sachsen oder andere Regionen?

Wenn ich morgens nach dem 24 Stunden Dienst nach Hause komme, mache ich die „Schublade Feuerwehr“ zu und öffne dann die anderen Schubladen. Ich kümmere mich um die Familie, mach meinen Sport, ehrenamtlich engagiere ich mich um das Kinderhospiz Bärenherz und dann schreibe ich auch noch Kochbücher. Es gibt mir unheimlich viel Energie. In einem Beruf bei der Feuerwehr und im Rettungsdienst ist es wichtig Dinge zu machen, wo man etwas Abstand gewinnen kann.

Man darf trotz Deiner stattlichen Größe von 2 Metern behaupten, dass Du ein waschechtes Leipziger Kind bist. Was ließ Dich Leipzig die Treue halten und wie siehst Du die Entwicklung der stetig wachsenden Sachsen-Metropole?

Durch das jahrelange Reisen während meiner Wanderschaft rund um die Welt habe ich viele Orte gesehen. Mein Leipzig ist gemütlich, übersichtlich und die Menschen sind offen. Neben dem schönen Zentrum, gibt soviel individuelle Stadtteile mit toller Gastronomie, Kultur und Kunst. Aber am schönsten ist das viele „Grün“. Die vielen Flüsse, Seen, Auwälder und Parks machen Leipzig zu einer extrem lebenswerten Stadt. Wichtig ist aus meiner Sicht nur, dass wir bei all dem Wachstum alles im Gleichgewicht halten.

Eine Frage die Du wahrscheinlich öfter hörst: Was ist Dein (sächsisches) Lieblingsgericht?

Die Frage wird mir gar nicht so oft gestellt. [lächelt] Aber seit März 2024 habe ich ein neues Leipziger Lieblingsgericht: „Schweinefilet mit Leberwurstsoße“. Das habe ich zu meinen Recherchen zum Leipzig Kochbuch entdeckt und lieben gelernt.

Und was magst Du gar nicht gerne auf dem Teller haben?

Alles was mit Innereien zu tun hat. Leber, Herz, Niere finde ich nicht wirklich lecker.

Wenn man mit Dir spricht merkt man Dir nicht nur Deine unbändige Fröhlichkeit an sondern man hört auch, dass Du im sächsischen Dialekt zu Hause bist. Was bedeutet für Dich der eigene Dialekt und wie gehst Du außerhalb Sachsen damit um?

Nun, ich finde es immer wieder schön Menschen zu treffen die Dialekt sprechen. Sie wirken oft authentischer und entspannter dabei. Und wenn man Sie darauf anspricht aus welcher Ecke Deutschlands sie kommen, sind Sie meist dann noch freundlicher oder auch stolz.

Ich spreche oft Leipziger Dialekt mit meinen Kollegen auf der Wache und im Einsatz. Zu Hause dann unbewusst etwas hochdeutscher, da meine Frau Berlinerin ist und Sie aufgrund Ihrer Medienarbeit kein Dialekt spricht. Wenn ich unterwegs bin versuche ich erstmal so zu sprechen, dass mich jeder versteht. Ich finde es hat auch etwas mit Respekt zu tun, dass der Mensch gegenüber einen auch versteht. Ansonsten finde ich sächsisch einen wunderbaren Dialekt.

Was ist für Dich „typisch sächsisch“ und welche Klischees bzw. Stereotypen stören Dich wenn es um Sachsen geht?

Typisch sächsisch, gibt es das überhaupt? [lacht] Ich glaube der Sachse per se ist ein freundlicher, weltoffener Mensch der mit viel Gemütlichkeit und Gelassenheit ausgestattet ist. Er ist hilfsbereit und gastfreundlich.

Klischees? Nun. Mir fallen keine ein. [grinst]

Politisch gesehen wird es leider etwas schwieriger. Ich habe viele Jahre im Ausland gelebt und gearbeitet. Ich kenne auch deren Sorgen. Ich finde, dass es uns in Deutschland und in Sachsen schon sehr gut geht. Das jetzt alles in wenigen Worten zu beschreiben ist nicht möglich, aber beginnend mit der Kita, über die Schule, Berufsausbildung oder Studium bis hin zu einem Arbeitsplatz ist erstmal alles möglich in Deutschland.

Ich kenne die Sorgen und Nöte der Sachsen durch meine tägliche Arbeit. Ich bin nah dran am Menschen. Einige Meinungen kann ich aber nicht teilen. Mir wurde auch nicht alles in die Wiege gelegt. Ich habe für mein Leben viel investiert. Ich bin glücklich und zufrieden.

Wenn Du Dir etwas für den Freistaat Sachsen wünschen könntest, was wäre das?

Wieder mehr Offenheit und Gelassenheit. Leben und Leben lassen. Mehr Miteinander. Mehr gesellschaftlicher Zusammenhalten. Aber das wünsche ich mir für das gesamte Land, egal in welchem Bundesland.

Letzte Frage: Welche Projekte stehen für Dich unmittelbar aber auch in Zukunft auf der Speisekarte?

Das neuste Projekt steht schon in den Startlöchern. Nachdem Leipzig Kochbuch ist jetzt ganz Sachsen dran. Mit der „Sachsen-Muddi“ bin ich auf der Suche nach alten, aussergewöhnlichen Rezepten. Rinderrouladen, Krautwickel und Eierschecke kennen wir ja schon. Jetzt suchen wir „Schnudentunker“ und Co. Wir wollen Sachsen kulinarisch neu be- und erleben.

Ansonsten werde ich 2025 dann schon 50, werde meine Fitness unter Beweis stellen und nach 2023 wieder einen 24 Stunden Feuerwehr-Spendenmarsch für das Kinderhospiz Bärenherz durchführen und Geld sammeln. Vielleicht schreibe ich noch ein Buch über meine 20 Jahre in der Feuerwehr und im Rettungsdienst. Titel: „Die volle Wucht des Lebens“.

Lieber Jörg, ganz herzlichen Dank für das angenehme Gespräch!

Vielen Dank, es war köstlich! :)

Fotos: Jörg Färber / Matthias Schmidt