Sieben Mal stürzte er vom Hochrad. Sieben Mal stand er wieder auf und fuhr weiter. Gern erinnert sich Steffen Stiller aus Weinböhla nicht daran, doch die aufmunternden Beifallsbekundungen des Publikums als er wieder aufstieg, sind ihm bis heute im Gedächtnis geblieben. Auf wundersame Weise hat sich dieser Reflex bis heute gehalten: Die Herzen fliegen dem Hochradfahrer zu, Passanten winken freudig beim Anblick des eigentümlich unproportionalen Gefährtes aus der Vergangenheit. Man kommt ins Gespräch, das Eis ist gebrochen.
Darum ging es Steffen Stiller aber nur am Rande, damals im Jahr 2017, als er sich mit dem Gedanken trug, seine Begeisterung für historische Fahrräder mit der breiten Öffentlichkeit zu teilen – in einer eigenen Fahrrad-Erlebniswelt. Noch kurz zuvor hatte Steffen Stiller im bayerischen Bad Brückenau das Deutsche Fahrradmuseum mit aufgebaut, er steckte also im Stoff.
Fünf Jahre später treffen wir den 59-jährigen ehemaligen Vizeweltmeister im Hochradfahren dort, wo er sich momentan am liebsten aufhält: im Velocium in Weinböhla. Hier hat er sich seinen Lebenstraum erfüllt. Viele der Schätze, die der leidenschaftliche Fahrradsammler über 35 Jahre lang zusammengetragen hat - mehr als hundert Fahrräder aus allen Epochen - haben nun hier eine neue Heimat gefunden. Darunter auch eine große Auswahl historischer Hochräder, die die bürgerliche Gesellschaft mit ihrem Aufkommen im Jahre 1870 zunächst eher als Statussymbol und luxuriösen Zeitvertreib, denn als Fortbewegungsmittel betrachtete. Für Steffen Stiller indes war die Entdeckung des Hochradfahrens beinahe eine Offenbarung und der nächste logische Schritt in seiner sportlichen Laufbahn.
Doch der Reihe nach. „1990 besuchte ich das Welttreffen historischer Fahrräder in Hannover, dort fand auch die Hochradweltmeisterschaft statt – dieser Sport hat mich sofort fasziniert“, erinnert sich der gelernte Triebfahrzeugschlosser. Zu seinen größten sportlichen Erfolgen zählt der Vizeweltmeistertitel im Hochradfahren, zudem errang er mehrere DDR-Meistertitel in Mannschaftswettbewerben. Ein wenig stolz ist Stiller heute noch darauf, immer zu den Top 10 gehört zu haben. Bis zuletzt belegte er Top-Platzierungen, unter anderem bei Deutschen Meisterschaften, die noch bis 1997 stattgefunden haben.