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brand eins Wissen / Macher Sachsen - Wir fangen schon mal an!
text: Andreas Wenderoth, photos: Michael Hudler
Damit seine Heimatstadt bunt und lebendig bleibt, engagiert sich der Sozialarbeiter in allerlei Ehrenämtern und Projekten. Wir nennen ihn: der gute Mann von Dresden.
Der Kampf für die Schwachen
Heute ist er Vorstandsvorsitzender des Sächsischen Flüchtlingsrats, sitzt im Bundesmigrationsausschuss von Verdi und im Landesmigrationssauschuss, ist Vorsitzender des Integrations- und Ausländerbeirats der Stadt Dresden. Als Gemeindedolmetscher arbeitet er auch noch. Ist immer da, wenn ihn jemand braucht, der fremd ist. Weil er selbst Fremdheit erlebt hat. Argwöhnische Blicke schon zu DDR-Zeiten, aber nach der Wende eben noch mehr. Weil der neuen Freiheit, wie Jinah sagt, offenbar ein Missverständnis zugrunde liegt. Sie war doch nicht erkämpft worden, damit man anschließend Minderheiten drangsalieren konnte.
An einem Juliabend wird er von einer Gruppe Skinheads auf der Straße provoziert: „Türken sind Schweine“, rufen sie, weil sie ihn für einen Türken halten. Einer knallt ihn gegen die Wand und schlägt zu. Keiner der Umstehenden hilft. Keiner greift zum Telefon. Das ist es, was Jinah bis heute traurig macht. Wenn Menschen wegschauen. Als er zur Wache geht, sagt ihm der Diensthabende: „Na ja, das könnte auch eine ausländerfeindliche Einbildung sein.“ Und dass er ohne ärztliches Attest den Fall leider nicht aufnehmen könne. Wenn er aber am nächsten Tag wiederkommen wolle … Jinah fühlt sich gedemütigt. Es bleibt nicht das einzige Mal.
Einmal wird er Zeuge, als Jugendliche in der Straßenbahn Ausländer als Schmarotzer bezeichnen. Er meldet sich zu Wort und sagt, dass er sehr wohl Steuern zahle und auch Sozialversicherungsbeiträge. „Halt’s Maul!“, sagt einer der Jugendlichen und zieht ein Messer. Da entschuldigt sich Jinah und sagt, er nehme alles zurück.
Als am 20. Oktober 2014 rund 350 Menschen die Pegida-Montagsdemonstration ins Leben rufen, ist er der einzige Gegendemonstrant. Wenig später sind es schon Tausende. Bis heute ist er bei jeder Gegendemonstration dabei, hält Reden, zeigt sein Gesicht. Jinah sagt, er kämpfe bis zuletzt. Nicht für sich, sondern für künftige Generationen. Für ein Dresden, wie es sein könnte. Und wie es in vielen Stadtteilen auch ist. Dass die Leute das nicht verstehen: „Glück ist nicht materieller Wohlstand, sondern die innere Einstellung gegenüber Mitmenschen und Umwelt.“
Er versucht, sich nicht zu ärgern, weil das Gift für den Körper sei. Stattdessen nimmt er die Dinge, wie sie sind und meditiert gegen den Hass. In seiner Zeit als Streetworker bedachten ihn die ausländerfeindlichen Jugendlichen mit bösen Sprüchen, er blieb immer sanft und freundlich. Ließ ihre negative Kraft ins Leere gleiten. Aber wenn er mal frei hatte, haben sie sich nach ihm erkundigt, ob er krank sei – was, wenn man so will, schon ein gewisses Zeichen von Sympathie ist. „Tu etwas im Leben und halte dich fern von Aggressionen“, hat er ihnen versucht beizubringen. Und jetzt, viele Jahre später, sieht er sie manchmal mit Frau und Kind auf der Straße, und sie sagen immer noch „Alter“ zu ihm und fragen, was „abgeht“. „Viel zu tun“, antwortet er meistens.
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brand eins Wissen / Macher Sachsen - Wir fangen schon mal an!
Text: Andreas Wenderoth, Fotos: Michael Hudler
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