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Lukas Knopf - 200 Tonnen Dreck fürs Erzgebirge

200 Tonnen Dreck fürs Erzgebirge

In Zusammenarbeit mit

Interview mit Lukas Knopf

Der 28-jährige Jahnsdorfer Lukas Knopf hat viele Titel: Mountain-Profi, YouTuber, ROSE Bikes Ambassador, 2017 Weltmeister beim Festival International des Sports Extremes (FISE) in Chengdu … Ganz nebenbei fährt er Shows, führt sein eigenes Mode-Label The Motion Brand und veranstaltet bis zu 15 Bike Camps pro Jahr für den Nachwuchs des gar nicht mehr so nischigen Sports. Und weil Lukas Knopf keine halben Sachen macht, hat er dem Erzgebirge dafür mit seinem Team gleich die erste und einzige Dirtjump-Halle gebaut, die es derzeit in Deutschland gibt.

Warum schaufelt man 200 Tonnen Dreck in eine Halle?

Die Intention war, 100% für die Leute aus der Umgebung was zu bauen und wir hatten Bock auf Erdsprünge, wie wir sie draußen im Freien springen können. Und ich habe mir gedacht, wenn ich damals ein kleiner Fahrradfahrer gewesen wäre und der „Star der Szene“ hätte eine Halle, in der er immer alleine fährt, da hätte ich mich geärgert, dort nie fahren zu können. Ich wollte was für die Jugend schaffen. Als ich damals mit zwölf angefangen habe, hatten wir den Skatepark im Ort. Wir sind Bordsteine und Treppen gesprungen und haben uns im Wald selber Sachen geschaufelt. Später bin ich dann drei, vier Mal pro Woche nach Chemnitz in die Skatehalle gefahren. Aber das war immer eine recht lange Anfahrt hier vom Dorf mit der Bahn: mit Umsteigen eineinhalb Stunden. Das war in Ordnung, du wolltest halt Fahrrad fahren. Mit der Halle haben wir jetzt eine Möglichkeit im ländlichen Raum geschaffen. Die Leute rollen dann eben zehn Minuten mit dem Fahrrad her, sie kommen mit der Bahn oder die Eltern fahren sie schnell mal. Natürlich hat es den schönen Nebeneffekt, dass ich mit der Halle auch noch eine Möglichkeit habe, selbst zu fahren.

Gibt es ein Erlebnis während der Bike Camps, das dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Es gibt viele schöne Geschichten, aber da gibt es einen Jungen, Piet, der war das erste Mal mit fünf oder sechs Jahren im Bike Camp. Der hatte ein ganz kleines Bike und der Vater hat ihn total supported. Also ohne Zwang, Piet hatte da richtig Lust drauf. Er kam jedes Jahr und jedes Mal ist er besser geworden. Dann haben wir die Halle hier eröffnet und einen Sprung gebaut mit einer Art Hüpfburg, also mit einer weichen Landung. Auf dem kann man Tricks zum ersten Mal üben, damit man im Zweifelsfall weich fällt. Trotzdem ist es ein sehr großer Sprung. Und dort hat Piet seinen ersten Backflip gelandet. Acht oder neun war er zu dem Zeitpunkt. Wir haben seine Videos analysiert, ich habe mit dem Papa Rücksprache gehalten. Man will ja auch niemanden zu weit pushen. Die ganze Halle hat getobt und ihn angefeuert. Das war schon cool!

Aber wie stemmst du das alles – Bike Camps, Training, internationale Events, YouTube, Klamotten-Label …?

Ich kann halt alles miteinander verbinden. Das Camp ist das beste Beispiel. Ich stehe ja trotzdem auf dem Fahrrad. Das ist jetzt vielleicht nicht so ein intensives Training, wie ich es sonst machen würde, ich gehe ja vermehrt auf die Kids ein. Aber ich kriege auch ganz oft zugeflüstert: „Mach mal den und den Trick“. Die Kids kennen die Tricks von YouTube und sind ja auch hier beim Camp, weil sie die sehen wollen und dann bin ich mehr oder weniger gezwungen (lacht), zu „trainieren“.

Oder ich war zum Beispiel diese Woche am Klínovec (Keilberg) zum Downhill fahren. Ich brettere auch sehr gerne mal bergab mit dem Fahrrad ohne Tricks. Und dann ist die Helmkamera dran. So filme ich, während ich fahre ein Youtube-Video. Solche Videos funktionieren super gut, wenn man die Leute mitnimmt im POV-Style und dazu ein bisschen quatscht. Dann hat man an sich einen recht entspannten Drehtag gehabt, weil man eh einfach Fahrrad fährt.

Und ich muss auch einfach sagen, ich habe mein Hobby zum Beruf machen dürfen. Ich bin happy, ich bin erfüllt. Ich bin glücklich. Und wenn es mal Tage gibt, wo viel hintereinander ansteht, dann ist das auch gut, weil es mir Spaß macht und man ist ja als Selbstständiger auch in der Lage, nach drei Tagen Vollgas eben auch mal einen Tag nichts zu machen.

Aber wenn dich das so erfüllt, weshalb bist du dann aus den Competitions ausgestiegen?

Ich fahre ja noch Wettbewerbe, aber nur noch ausgewählte. Ich war zum Beispiel fünf- oder sechsmal auf dem gleichen Event in Kanada, dreimal auf dem gleichen Event in Neuseeland. Die Strecken sind jedes Mal dasselbe. Es war wunderschön, aber du hast auch immer den Wettbewerbsdruck und verbringst die meiste Zeit wirklich auf der Strecke und wartest, dass das Wetter so ist, dass du fahren kannst, ohne irgendwas von dem Land gesehen zu haben. Außerdem gibt es gerade einen Shift in der Szene. Häufig werden jetzt Events veranstaltet, bei denen es darum geht, eine coole Strecke zu bauen, die besten Fahrer und die besten Foto- und Videografen einzuladen und das Ganze eher medial auszuschöpfen. Das hat tatsächlich für Sponsoren den größeren Mehrwert, als jetzt bei einer Competition Achter zu werden. Und so selektiere ich jetzt einfach mehr und schaue: Worauf habe ich Bock? Wo war ich noch nicht? Was will ich sehen?

Bei all der Reiserei und den tollen Orten, die du gesehen hast, wie kommt es da, dass du dich trotzdem ausgerechnet dafür entschieden hast, im Erzgebirge zu wohnen?

Ich glaube, es kommt auch dadurch, dass ich nicht irgendwo anders hinmöchte, weil ich schon so jung so viel gesehen habe und auch ständig unterwegs war. Ich komme so oft raus, dass ich super gerne hier meine Base habe, um immer wieder zurückzukommen. Ich schaue mich auch hin und wieder um, ob es irgendwo ein Grundstück gibt, wo man ein Haus irgendwie sanieren kann. Ich träume von einem Haus mit Garten hier in der Region. Ich will nicht weg. Stellen wir uns doch einfach mal einen Sonnenuntergang vor. Man kommt gerade von irgendwo anders heim über die Autobahn, man hat links und rechts diese weiten Hügel, die Natur. Man hat so viel Platz, auch gerade für den Sport, ich fahre auch so gern einfach mal mit dem Gravel Bike oder der Enduro los durch den Wald. Dafür hat man hier so viele Möglichkeiten. Du fährst in jede Himmelsrichtung und kommst durch Felder, kommst durch Wälder, es geht immer weiter. Und auch die Leute. Klar gibt’s im Supermarkt mal jemanden, der eine Fresse zieht oder so. Und trotzdem sind die Leute hier herzlich. Nein, ich will nicht weg.

Text und Bilder: Magda Lehnert, www.wanderfolk.de © Regionalmanagement Erzgebirge c/o Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH