Haute Couture und Hightech vereint.
Ja, auch die Spitzendeckchen wie auf Omas Sofa sind noch verfügbar, doch bei aller Tradition geht die Plauener Spitze neue Wege: Spitze ist heute viel, viel mehr. Und doch ein Handwerk das oft im Verborgenen stattfindet und hochinnovative Dinge hervorbringt. So zum Beispiel eine Kühlmanschette die in einen medizinischen Gipsverband eingearbeitet wird. Damit können Knochenbrüche schneller und besser versorgt werden. Der Clou ist ein aufgestickter Schlauch, dessen Enden dann aus dem Gips ragen und mit Kühlflüssigkeit gefüllt werden können.
Die Mode bleibt, die Technologie bestimmt die Zukunft
Weitere Spitzen-Stückchen Hochtechnologie sind zum Beispiel dünne Vliese mit aufgesticktem Heizdrähten, die als Schuhheizung verwendet werden, oder dekorative Wandelemente, die von Innenarchitekten für eine bessere Akustik verbaut werden. Derlei technische Anwendungen oder aufgestickte elektronische Bauteile gehören zur Zukunft der Erfolgsgeschichte aus Plauen. Wohnaccessoires und Mode machen aber immernoch den größten Teil in den Produktpaletten der Plauener Manufakturen aus. Auf Kissen, Tischwäsche, Schmuck und Kleidern sind feine Muster zu finden, die man oft erst beim zweiten Blick als Spitze identifiziert. Sie kommt einfach nicht aus der Mode und der Erfolg des Plauener Exportschlagers gibt ihr Recht: Auf mondänen Opernbällen und internationalen Modesschauen spielen nach wie vor Plauener Spitzenkreationen eine große Rolle.
Welt-Spitze!
Die maschinengefertigte Spitze machte Plauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Boomstadt, der „Spitzen-Rausch“ hatte die Welt im Vogtland auf den Kopf gestellt. Die Bevölkerung Plauens verdoppelte sich innerhalb weniger Jahre, sodass im Jahr 1912 sogar 128.000 Menschen in der nun viertgrößten Stadt Sachsens lebten und in mehr als 2.000 Unternehmen die Stickmaschinen ratterten. Die ganze Welt war verrückt nach den luftig-eleganten Preziosen aus dem Vogtland. Doch dann kamen die Zwanzigerjahre: Coco Chanel revolutionierte mit geraden Schnitten die Modewelt – Borten und Rüschen waren passé, für die Plauener Spitze brachen schwere Zeiten an.
Das Ende einer Erfolgsgeschichte? Keineswegs. 1949 brachte die noch junge DDR ihre erste Exportkollektion Plauener Spitze auf den Markt, die sich über Jahrzehnte als verlässlicher Devisenbringer erwies. Nach dem Mauerfall gelang den Spitzenstickern aus dem Vogtland der erfolgreiche Neustart, etwa 35 Unternehmen mit rund 600 Mitarbeitern liefern heute Plauener Spitze in alle Welt.
Fotos: Martin Förster