Truhenschätze aus dem Vogtland
Die vogtländische Tracht entwickelte sich um 1800 als schmuckreiche Festtagsbekleidung und war durch zwei Besonderheiten charakterisiert: die „Buckelhaube“ und die Farbe Violett. Die Buckelhaube war das Herzstück der Tracht und oft mit geklöppelter Spitze und auf der Rückseite mit einem kostbar verzierten Haubenfleck versehen. Lange schwarze Bänder fielen über Schultern und Rücken hinab. Diese Grundstruktur variierte in den Regionen und Orten: Stirnschleife oder Nackenschleife, unterschiedlich viele Seidenbänder, der Haubenfleck mit Kreuzstich-, Perlen- oder Bouillonstickerei verziert. Darüber hinaus trugen Frauen häufig lange, gestreifte Röcke in dunklen Farbtönen wie Weinrot, Grün, Blau und Braun, die mit reich verzierten Schürzen kombiniert wurden. Nachdem zur Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Erfindung der künstlichen Textilfarben auch im Vogtland die Farbe Violett Einzug hielt, erstrahlte auch die vogtländische Tracht in kräftigen Violetttönen.
Auch die Männer kleideten sich im Übrigen fürs Vogtland typisch in Tracht – und trugen Kniehosen und den sogenannte „Spenzer“, eine mit traditionellen Motiven verzierte Weste. Dieser Spenzer, wie auch der lange Überrock und die ledernen Beinkleider, waren ebenfalls dunkelfarbig. Nur weiße Blusen und Hemden hellten das Trachtenbild auf.
„Unter die Haube kommen“
Die Buckelhaube ist das wohl kostbarste und schönste Trachtenelement der vogtländischen Tracht und wurde zum Kirchgang und zu festlichen Anlässen getragen – ausschließlich von verheirateten. Daher rührt im Übrigen auch die Redewendung „unter die Haube kommen“. Erste Erwähnungen der Buckelhaube findet man im Jahre 1822, in einer Diebstahlsanzeige. Darin ist von einer „ganz aus Goldbrokat mit gekleppelten Spitzen“ versehenen Haube die Rede. Die kostbaren Buckelhauben waren indes nicht nur begehrtes Diebesgut, sondern auch ein absoluter Hingucker. Sie bestanden aus einem mit schwarzer Seide überzogenen, abgestumpften Kegel aus Pappe, der mit schwarzer Spitze umsäumt war. Der Deckel der Haube, mit Brokat, Buntstickerei oder Goldflimmer und farbigen Glasperlen ausgeziert, wurde „Haubenfleck“ oder „Schau“ genannt. Unterhalb der Schau – dem Schmuckstück, auf das die Frau besonders stolz war – befand sich eine schwarzseidene Schleife, deren breite Bänder bis auf den Rücken reichten. Um den oberen Teil der Buckelhaube, die auf dem Hinterkopf saß, war ein buntseidenes Tuch gebunden, das vorn über der Stirn zu einer Schleife verknotet war.
Viele Mythen ranken sich um die Buckelhaube. Abergläubische Zeitgenossen maßen ihr sogar eine medizinische Wirkkraft zu, wie in einem kuriosen Bericht aus dem Vogtländischen Anzeiger vom Jahr 1864 zum Ausdruck kam. Um eine erkrankte Kuh zu heilen, so stand es geschrieben, sollte die Haube einer Verstorbenen gekocht, und der Aufguss der Kuh zu trinken gegeben werden. Als dies nicht anschlug, verabreichte man der Kuh sodann die ganze Haube, an der sie beinahe erstickte (und dennoch nicht gesundete).
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Titelbild: Vogtländische Trachten © Tourismusverband Vogtland e.V., Foto: Marcus Daßler (Bildfeuer)